Schon seit fünf Generationen wird das Weingut Willems-Willems von Frauen geleitet. Carolin Hofmann ist die fünfte. Zusammen mit ihrem Mann Jürgen lebt sie in Appenheim in Rheinhessen und schmeißt von dort aus zwei Betriebe und eine Familie. Sie erklärt uns, wie das funktionieren kann.
Wer bist du?
Ich bin Carolin Hofmann, geborene Willems. Wir haben zwei Weingüter. Ich komme von der Saar. Mein Mann hat das Weingut hier aus Rheinhessen. Unser Motto ist „Schiefer trifft Muschelkalk“. Das ist nämlich das Spannende, dass man beide Gebiete zeigen kann. Die beiden Bodenarten schmecken auch komplett unterschiedlich im Wein.
Ich bin eine leidenschaftliche Winzerin, eine leidenschaftliche Mutter und freue mich, diese ganze Entwicklung zu sehen. Von den Reben bis zur Weinflasche und auch von den Kindern. Von der Geburt bis später in die Schule. Ich finde es einfach sehr schön, wenn wir als Familie dahinter stehen und wie gut alles funktioniert. Das macht mir einfach wirklich sehr viel Spaß.
Was ist deine Verbindung zum Wein?
Wein ist mein Leben. Ich bin damit aufgewachsen. Habe aber auch gesehen, dass es eine ganz andere Philosophie sein kann, wie nur anbauen. Dass es ein kleines Kunstwerk ist, einen Wein zu machen.
Welche Rebsorte ist deine liebste?
Meine Lieblingsrebsorte ist Riesling, weil sie eine volle Bandbreite zeigt. Vom Trockenen bis zum Lieblichen. Ich mag gerne auch mal eine Spätlese oder einen Kabinett, mal ein bisschen restsüßer.
Wenn du deinen absoluten Lieblingswein mit drei Wörtern beschreiben müsstest, welche wären das?
Mein Lieblingswein schmeckt grazil, filigran und doch mit viel Power dahinter.
Euer Weingut wird mit dir in fünfter Generation von Frauen geführt. Für die Weinwelt ist das recht unüblich. Wie kommt es, dass bei euch schon immer die Frauen die Leitung des Betriebs übernehmen?
Ja, ich bin jetzt die fünfte Generation in weiblicher Hand. Das hat sich immer so ergeben, dass die Frauen das Weingut an ihre Kinder weiter übergeben haben. Und das waren dann eben die Frauen, die da so richtig mit anpacken mussten. Teils durch Krieg, wenn die Männer dann nicht da waren oder durch Krankheit. Sie haben das aber immer angepackt und haben es mit der Familie weitergeführt. Und ich bin jetzt die fünfte.
Ich war früher schon mit im Weinberg dabei und habe natürlich mitbekommen, wie viel Arbeit das ist. Ich war immer sehr, sehr gerne in der Natur. Und als die Schule zu Ende war, kam die Entscheidung, was ich jetzt machen würde. Und dann hat es den entscheidenden Klick gemacht, als ich zwei Praktika machen konnte, die völlig meine Weltanschauung im Weinbau verändert haben. Das war einmal an der Ahr im Weingut Deutzerhof und an der Ruwer im Weingut Kesselstatt.
Die haben mir gezeigt, dass man eine ganz andere Philosophie reinstecken kann. Dass es so ein kleines Kunstwerk ist, was man da kreieren kann.
Du bist Winzerin, Mutter und Ehefrau und pendelst zwischen zwei Betrieben in Rheinhessen und an der Saar hin und her. Wie meisterst du all diese Rollen gleichzeitig?
Ja, das ist schon nicht so ganz einfach, diese Pendlerei zwischen der Saar und Rheinhessen. Es ist oft wie eine kleine Weltreise mit drei Kindern heißt das immer Auto packen. Man fährt von einem Standort zum nächsten. Aber das Schöne ist, dass wir mittlerweile ein ganz tolles Team haben. Wir haben einen Betriebsleiter an der Saar, der mir so den Rücken freihält. Mit ihm habe ich den ersten Herbste gemacht. Er ist schon sehr eigenverantwortlich dort unterwegs. Wir sprechen vieles ab und wir probieren viel Wein zusammen. Er führt das Weingut auch, als wäre es sein eigener Betrieb. Sonst kann man das alles nicht schaffen. Bei drei Kindern, das zieht so viel Zeit. Das muss man irgendwo hinbekommen.
Und dann kommen auch die Kunden, die Endverbraucher hier nach Rheinhessen. Mein Mann macht mehr so die Fachhandelskunden. Da teilen wir uns das ganz schön auf.
Du arbeitest zusammen mit deinem Mann Jürgen. Unterstützt ihr euch in allen Arbeitsbereichen oder haltet ihr bestimmte Aufgaben getrennt?
Jeder hat schon so seine Hauptaufgabe. Ich bin dann mehr im Büro, bin für die Buchhaltung zuständig, koche das Essen für die Kinder und organisiere die Kinder. Schaue auch draußen mal im Weinberg, aber das ist eigentlich mehr seine Aufgabe, dass er schaut, dass der Außenbetrieb läuft. Im Keller ist er mehr der Mann, der alles macht. Aber wir probieren die Tanks zusammen durch. Das ist das Schöne: Gemeinsam hier durchlaufen und die Weine probieren.
Entscheidet ihr also zusammen, welchen Charakter eure Weine haben sollen?
Ich denke, da haben wir schon eine Wellenlänge. Wir diskutieren da schon ein bisschen was, aber im großen und ganzen sind wir da eigentlich auf einer Linie.
Hast du Erfahrungen gemacht, die nur Frauen in deiner Position machen würden?
Ja, gerade wenn Familie da ist. Das ist dann immer so eine Gradwanderung. Da muss man schon schauen, dass man nicht so sehr abgelenkt wird. Wenn man gerade was am Arbeiten ist, muss man trotzdem immer die Termine der Kinder im Blick behalten. Das geht dann zwischen den Weinkunden, zwischen den Präsentationen. Man muss es sehr gut organisieren. Und da halten mir meine Schwiegereltern auch den Rücken frei. Wir haben jetzt unser zweites Au-pair-Mädchen, was auch super viel Spaß macht. Und da muss man versuchen, das alles zu organisieren.
Inwieweit wären die Erwartungen an dich und deine Arbeit andere, wärst du ein Mann?
Im Grunde muss ja meine Arbeit auch gemacht werden. Wenn ich ein Mann wäre, würde ich wahrscheinlich eher die Arbeit von meinem Mann machen. Dass man draußen im Weinberg schaut und im Keller. Es müsste dann aber auch eine Frau da sein, die sich um alles andere kümmert. Es ist da ja auch viel zu tun.
Es hat jeder seine Favoritenrolle. Einfach nur im Team ist man stark. Das ganze Weingut lebt von der Familie und jeder hat so seine Aufgabenbereiche und nur so kann es funktionieren.
Wie hat sich die Rollenverteilung in den Jahren entwickelt?
Früher war ich mehr draußen und habe den Keller ganz alleine geschmissen mit meinem Papa zusammen. Jetzt durch die Familie merkt man schon, dass man in andere Rollen reinkommt. Und dass man versucht, das einfach hinzubekommen, dass es weiter läuft. Dass der Keller funktioniert. Ich freue mich aber schon riesig, wenn da wieder mehr Luft ist.
Die Kleine ist jetzt zwei Jahre alt. Das zieht noch viel Zeit. Aber wenn dann wieder mehr Luft ist, kann ich wieder mehr im Keller arbeiten und auch wieder raus in den Weinberg und in der Natur arbeiten. Da freue ich mich riesig drauf.
Wo unterscheidet ihr beiden euch im Arbeiten?
Wenn ich jetzt die Anfänge sehe, war Jürgen immer so „schnell, schnell die Weine fertig machen“ und da habe ich so eine Ruhe reingebracht. Erstmal den Weinen Zeit geben, nicht zu schnell abfüllen. Erstmal auf der Hefe ruhig liegen lassen. Da hat sich schon sehr viel getan in der Entwicklung. Und da habe ich vielleicht das Fingerspitzengefühl, erstmal abzuwarten, nicht immer gleich Sachen anzugehen, sondern erstmal auszuloten.
Gibt es einen Unterschied in der Art, wie Männer und Frauen Wein an- und ausbauen?
Wir Frauen lassen uns schon mehr Zeit. Dass wir den Weinen ein bisschen länger Zeit geben beim Ausbau, auf der Hefe. Dass wir uns Zeit nehmen, vor allem auch für Fortbildungen. Dass wir uns zusammenschließen. Ich bin Mitglied bei den vinissima. Das sind 500 Weinfrauen in ganz Deutschland. Wir treffen uns oft. Es gibt Veranstaltungen, bei denen wir uns austauschen und Weinproben zusammen machen. Bei denen wir uns Wein und Architektur anschauen. Fortbildungsmäßig sind wir da schon aktiver als die Männer. Man erfährt viele Sachen auch von anderen Frauen.
An welchen Ort nimmst du uns heute mit?
Am liebsten würde ich mit euch an den Hundertgulden fahren. Das ist am Tisch des Weines. Da machen wir immer mit den Winzern einen Weinausschank und auch das Hundertgulden-Picknick. Von dort aus hat man einen traumhaften Blick über Appenheim bis in den Rheingau. Da sitzt man mitten im Rebenmeer.
Sonst bin ich auch gerne in der Sauna und entspanne mich. Auch die Kleinen kommen schon mit in die Sauna und am besten trinken wir noch ein Gläschen Sekt danach.
Während wir das Interview transkribieren wünschen wir uns in eure Sauna mit einem Glas vom Dicken Fritz. Danke Carolin!